Heilsamer Umgang mit der Zeit

E. T., der als Eckhart Tolle auf die Erde kam und auf einer Parkbank zum Weisheitslehrer reifte, hat viel Weises von sich gegeben.

Beim Hier und Jetzt aber hat er m. E. maßlos übertrieben.

Selbstverständlich trägt es nicht zum Lebensglück bei, ständig Plan A, Plan B und Plan C zu ersinnen für Katastrophen, die dann doch nie eintreten. Oder unglückliche Erfahrungen ständig wieder zu käuen und sich dabei immer tiefer in seine Übellaunigkeit zu vergraben.

Darum halte auch ich es für wertvoll, immer wieder in die Präsenz zu kommen. Zum Beispiel in Meditation und Gebet, in der Natur oder im Beisammensein mit anderen Menschen.

Aber immerzu?

Und dabei zum Kohlkopf mutieren …

Selbst Tiere verankern sich doch in Zeit und Raum. Das heißt, sie verarbeiten Vergangenes; darum sind sie lernfähig. Und sie sorgen vor für die Zukunft: Eichhörnchen sammeln schon im Herbst ihren Wintervorrat. Vögel bauen ihre Nester, bevor sie ihre Eier gelegt haben. Und sie fliegen in den warmen Süden, ehe es kalt geworden ist.

Wir Menschen aber sollen ausschließlich im Hier und Jetzt leben, also unsere Weihnachtsgeschenke erst am 25. 12. kaufen. Keine verbindlichen Absprachen treffen. Keine schönen Erinnerungen pflegen.

Und musizieren könnten wir dann auch nicht mehr, denn im Jetzt gibt es nur einzelne Töne, die kein Lied ergeben würden, wenn sie nicht verbunden wären mit vergangenen und zukünftigen Tönen.

Die aber – so E. T. in seinem Buch „Jetzt!“ – sind nicht real, sind nur eine geistige Vorstellung, ein Hirnpups, der möglichst schnell und gründlich losgelassen werden sollte.

Da bin ich anderer Ansicht.

Die Vergangenheit ist real, denn sie hat meine jetzigen Lebensumstände geschaffen. Und die verflüchtigen sich nicht einfach, wenn ich die entsprechenden geistigen Vorstellungen loslasse. Auch die Zukunft ist real und sendet ihre Vorboten aus, obwohl nicht alles, was darin vorgeformt ist, auch geschehen muss. Dennoch möchte ich mich, bitte schön, schon jetzt auf eine künftige schöne Erfahrung freuen dürfen.

Wie aber auf heilsame Weise mit der Zeit umgehen? Reichen da die rein menschlichen Kräfte aus Verstand und Emotion?

Warum sich nicht von Gott und den himmlischen Kräften helfen lassen? Diese inspirieren zu Plänen, die mehr Liebe, Freude und Erkenntnis in die Welt bringen. Sie geben die Kraft zur Umsetzung. Und wenn nichts (mehr) getan werden kann, helfen sie, loszulassen und sich zu öffnen für neue, noch schönere Pläne.

Mit göttlicher Hilfe müssen wir die Vergangenheit auch nicht verdrängen, verleugnen oder für nicht-existent erklären. Vielmehr finden wir die Kraft, Leidvolles zu ertragen und die damit verbundenen Gefühle – Ärger und Traurigkeit, Ohnmacht oder Verzweiflung – zu durchleben, um sie schließlich in Gottes Hände zu legen und zu vergeben. Anderen und auch uns selbst, wenn wir einen Fehler bereuen und unser Möglichstes getan haben, ihn wieder gut zu machen.

Und dann weiter leben.

Weiser und liebevoller.

Jetzt!